Dienstag, 20. Dezember 2016

Einmal durch die Hölle und wieder zurück

Das Abenteuer "hel van kasterlee" startete am Freitag in aller Frühe mit der gut 7 stündigen Autofahrt nach Belgien. Die Veranstalter organisierten mir und meinem Vater, welcher mich begleitete, einen tollen Homestay nahe dem Renngelände. Nach der Ankunft blieb noch Zeit für einen kurzen Lauf, welcher nach der langen Anreise den Beinen wieder neues Leben einhauchte. Am Samstag konnte ich dann bereits im 6 Kilometer entfernten Kasterlee die Startnummer abholen und absolvierte auch gleich eine Runde auf der 21 Kilometer langen Bikestrecke. Es nieselte leicht und die Temperaturen waren bei angenehmen 5°C und ich fand meinen Gefallen an der selektiven Strecke.
 
Am Renntag selbst war dann aber frühes aufstehen angesagt. Als ich um 7.10 auf dem Renngelände eintraf, herrschte dort schon reges treiben und ich musste zuerst mein Rad auf der Wiese abstellen. Danach ging es in die grosse Halle um meinen indoor Wechselplatz einzurichten. Ich hatte das Privileg, einen separaten Platz zu bekommen, zusammen mit all den anderen Topstartern.
 
Kurz vor dem Startschuss durfte ich noch ein paar Fragen vom Speaker beantworten und die ersten Feuerwerkskörper!!! wurden in die Atmosphäre geschossen. Gleichzeitig öffnete der "Teufel" höchstpersönlich das Tor zur Hölle und schickte uns auf die ersten 15 Laufkilometern. Dort fand ich schnell eine gute Gruppe ohne viel Energie zu verschleudern und wechselte in der allmählich eintretenden Dämmerung in den Top 15 auf die Bikestrecke. Dank eines schnellen Wechsels war ich zu Beginn im technischen Sektor alleine unterwegs und konnte somit eine saubere Linie fahren. Es dauerte erstaunlich lange bis endlich eine grössere Gruppe von hinten anrollte und ich mich somit ihnen anschliessen konnte. Nun war der Wettkampf aber so richtig lanciert. Das Tempo war permanent hoch und man hatte kaum Zeit sich zu verpflegen. Die wenigen Teerabschnitte mussten somit klug genutzt werden, um ein paar Schlucke aus der Flasche zu nehmen. Leider fehlte mir da genau die Erfahrung und am Ende der dritten von fünf Runden musste ich dem horrenden Tempo Tribut zollen und einen Gang zurückschalten. Mein Magen rumorte und die Einnahme meiner geplanten Verpflegung war nicht mehr möglich. Glücklicherweise bekam ich von meinem Vater eine Flasche mit Cola, was meinen Magen wieder etwas beruhigte. Die letzten 2 Runden waren extrem hart, da ich jeweils nicht mehr die Kraft hatte, mich einer Gruppe anzuschliessen und somit sehr viel an Boden verlor. Die ruppigen Abschnitte sorgten dafür, dass die vielen Schläge den Körper zusätzlich bearbeiteten. Praktisch alle Belgier fuhren mit Starrgabeln, ich musste meine Federgabel auf den ganzen 105 Kilometern nie blockieren.... teilweise hätte ich mir sogar ein Fully gewünscht, da die Strecke durch das Teilnehmerfeld immer mehr ausgefahren wurde.
 
Ich war heilfroh, als ich die Wechselzone endliche erreichte und das Rad den Helfern abgeben konnte. Auf dem Weg in die Indoor Wechselzone merkte ich schnell, dass meine Beine nicht mehr die besten für den abschliessenden 30 Kilometer Lauf sein werden. Als ich dann beim anziehen der Laufschuhe auch noch einen üblen Krampf im rechten Oberschenkel erwischte, war die Misere perfekt. Bein durchstrecken, auf die Zähne beissen und weiter ging es auf den Abschlusslauf. Dort durfte ich auf die Begleitung von Wim zählen, welcher mich mit dem Rad auf den 30 Kilometer begleiten sowie verpflegen durfte. Vielen Dank!! Die ersten 5 Kilometer liefen erstaunlich gut, jedoch konnte ich meine Füsse nicht spüren, da die Kälte ihre Spuren hinterliess. Ich lief bewusst sehr verhalten an, da ich wusste, dass es noch ein langer Weg bis ins Ziel sein würde. Trotzdem wurde ich immer langsamer und nach 10 Kilometern war der Ofen ganz aus. Die Gehpausen häuften sich und ich kam kaum mehr vorwärts. Nicht nur ich bezweifelte in diesem Moment, dass ich heute noch die Ziellinie sehen würde. Irgendwie schaffe ich es dann trotzdem noch und erreichte das Ziel mit grossem Rückstand nach 7 Stunden 34 Minuten auf dem 62 Platz.
 
Enttäuscht? Nicht unbedingt. Ich bin stolz darauf, dass ich das Rennen trotzdem finishen konnte. Gegen 300 Athleten waren immer noch unterwegs, teils bis in die Nacht hinein.
 
Zudem habe ich sehr viel dazugelernt:
 
Meine Verpflegung funktioniert noch immer nicht auf der Langdistanz. Dort muss ich unbedingt den Hebel ansetzen. Zudem sorgen die tiefen Temperaturen für einen erhöhten Kalorienverbrauch. Auf einem solchen Parcours muss man genau wissen, wo man sich zu verpflegen hat und die Helfer platziert sind. Salztabletten dabei zu haben kann auch nicht schaden.
 
Rennen in Belgien sind nicht zu vergleichen mit solchen in der Schweiz. Mehrheitlich flach, jedoch kann man sich kaum erholen auf dem Bike.
 
Das 34T Kettenblatt reicht vollkommen aus ;-) Eine feinere Abstufung der Gänge wäre jedoch komfortabler gewesen.
 
Wir hatten Glück mit dem Wetter und sehr schnelle Bedingungen. Es gab schon Rennen mit Schnee, Schlamm und Temperaturen im Minus Bereich.
 
Das Niveau ist gewaltig! Hier wird dir nichts geschenkt. Der Weltmeister höchstpersönlich gewann zum 4 mal in Folge! Man merkt das die Belgier in diesem Gelände zu Hause sind.
 
Der Wettkampf ist ein fantastisches Erlebnis und der Zieleinlauf muss sich hart erarbeitet werden.
 
Ich durfte viele tolle Eindrücke sowie Erfahrungswerte aus Belgien mit nach Hause nehmen. Bei einer weiteren Teilnahme wüsste ich sicher, was noch zu optimieren ist. Respekt an alle welche dieses Rennen zu Ende gebracht haben! Mit etwas Abstand betrachtet war das Rennen fast härter als der Powerman Zofingen. Nun könnte der Gedanke aufkommen, ich sein nicht genügend Vorbereitet gewesen. Dem muss ich widersprechen. Sicherlich könnte man immer noch mehr machen. Jedoch war die Qualität sehr hoch und auch die Umfänge im  Bereich des möglichen. Schlussendlich musste ich in den letzten Wochen auch noch diverse Prüfungen schreiben und Arbeiten einreichen. Der Zeitplan war gewiss sehr eng, jedoch habe ich immer dran geglaubt, eine Spitzenplatzierung erreichen zu können. Die richtige Wettkampfernährung wäre definitiv der Schlüssel zu einer Topleistung gewesen. Für mich persönlich war es schön, dass Jahr doch noch mit einem Langdistanz Rennen ausklingen zu lassen, da ich ja verletzungsbedingt auf Zofingen verzichten musste.
 
Obwohl die Beine noch unheimlich schmerzen, geht es am Donnerstag bereits wieder ins Trainingslager. Ich werde sehen, was trainingstechnisch möglich sein wird mit dieser Vorbelastung. Ich freue mich sehr darauf, bei angenehmeren Temperaturen ein paar Höhenmeter auf meiner Lieblings-Velo-Insel zu sammeln.
 
Merry Christmas und vielen Dank an alle die mich in dieser Saison so tatkräftig unterstützten!!