Sonntag, 12. Mai 2019

Befreiungsschlag am Krusnoman!

Lange war ich mir unschlüssig, ob ich die Reise an den Krusnoman nach Tschechien wagen sollte. Im Gegenzug habe ich mich aber sehr schnell gegen die Duathlon EM in Dänemark entschieden, welche am gleichen Tag stattfand. Dies hatte gleich mehrere Gründe: Die Reise wäre unglaublich kompliziert und teuer gewesen. Dazu kam, dass mich der Austragungsort überhaupt nicht begeistern konnte (und auch die Organisation). Zudem waren meine Chancen auf einer solch flachen Strecke auf einen ansprechenden Rang so klein, dass sich der Aufwand schlicht nicht gelohnt hätte. 

Mit Tobias Baggenstos konnte ich einen weiteren Schweizer Athleten für das Abenteuer "Krusnoman" begeistern, nachdem unser deutsches Duathlon Urgestein Sebastian Retzlaff im vergangenen Jahr dabei war und nur gutes vom Wettkampf zu berichten wusste. 
So nahmen wir zu zweit die gut siebenstündige Autofahrt über Deutschland in das tschechische Skigebiet Kliny in Angriff. Die Zeit reichte noch, um die Laufstrecke zu besichtigen und am Freitag nahmen wir auch noch die Radstrecke unter die Räder. Flache Passagen suchte man auf beiden Strecken vergebens und wir waren schon vor dem Wettkampf hellauf begeistert von den Gegebenheiten. Auf der Radstrecke fühlte ich mich teilweise zurückversetzt in meinen Sprachaufenthalt auf Vancouver Island, da die Landschaft mit den Nadelbäumen und dem See so richtig nach British Columbia aussah! Unser Hotel war dann nur gerade 20 Meer (!!!) von der Ziellinie und ca. 300 Meter von der Wechselzone entfernt. Daneben befand sich ausserdem die Bergstation des Sessellifts. Dies war umso angenehmer, da es wie so oft am Wettkampftag regnete und das Thermometer nie über die 10°C Marke kletterte. Bis hin zum Start um 12.00 Uhr über die 5Km/82Km/15Km mit 2200 Höhenmeter up and down hofften wir (vergeblich) auf einen Wetterumschwung.



Das Starterfeld umfasste über die Langdistanz gut 160 Duathleten bei diesen garstigen Bedingungen. Hauptfavorit war der Profitriathlet Kocar, der zugleich das Aushängeschild der Region ist und vergangene Woche an der ITU WM mit einer Medaille überzeugen konnte. 

Auftaktlauf über 5Km ~200Hm:
Die Startgerade führte senkrecht in Richtung Bergstation. Eine gute Position war wichtig, da es danach in einen Single Trail ging. Leider fehlte es mir etwas an Traktion und so verlor ich etwas den Anschluss auf dem rutschigen Waldboden. Unten angekommen folgte ein brutal steiler, gut 700 Meter langer Asphaltaufstieg. Dort konnte ich mich erstmals an der Spitze zeigen und aktiv das Tempo mitgestalten. Diesen Uphill ging es dann wenig später wieder herunter und dann im Wald auf einem flowigen Trail zurück in Richtung Bergstation zur Wechselzone. Nach knapp 20 Minuten passierten wir zu dritt die Zeitmessung und wechselten bei nassen Bedingungen aufs Rad. 

Velo über 82Km ~1500Hm:
Kocar erwischte den besten Wechsel und konnte sich sogleich absetzen. Ich übernahm schnell Position zwei und konnte den Rückstand in Grenzen halten. Die Sicht war stark beschränkt, da der Regen zunahm und auch die Kälte durch die Tempi auf dem Rad beissend wurde. Die Strecke führte über zwei Runden à 41Km und hatte an einem Anstieg einen Wendepunkt, an welchem man den Rückstand gut abschätzen konnte. Zu meinem Erstaunen war dieser sehr gering und auch von hinten schien niemand meiner Pace folgen zu können. So pushte ich mich weiter und als nach einer Runde noch immer niemand von hinten kam, stieg meine Zuversicht auf eine gute Rangierung immer mehr. Auch als ich den Wendepunkt ein zweites Mal passierte, war der Rückstand noch in etwa gleich. Bei Kilometer 65 bekam ich dann Gesellschaft von einem starken Radfahrer, wobei ich den Blickkontakt halten konnte und bis zum zweiten Wechsel sogar noch aufschliessen konnte. Teilweise trocknete es etwas ab, nur über dem Skiresort hing noch dicker Nebel.

Abschlusslauf über 15Km ~500Hm:
Da ich meine Füsse vor Kälte kaum mehr spürte, gestaltete sich der Wechsel nicht ganz einfach. Der Trail war durch die vielen Athleten nun noch rutschiger und es brauchte doch eine Runde, bis ich meine Füsse wieder spürte. Die grösste Sorge bereitete mir jedoch mein Rücken, da mir dieser höllische Schmerzen bereitete. Jedoch wusste ich auch um meine Stärke auf den abschliessenden Läufen und redete mir immer wieder zu, dass es den anderen Athleten nicht besser ergehen würde. Da auch die Laufrunde zwei Wendepunkte beeinhaltete, konnte ich die Zeitabstände abchecken. Ich war nun auf Rang 2 unterwegs. Kocar hatte einen soliden Vorsprung, jedoch drückten von hinten 4 bis 5 Tschechen enorm. Die Beine fühlten sich gut an, jedoch löste sich die Verkrampfung am Rücken nur langsam und so drohte mir der Verlust des Podiums. Auch nach Runde zwei war der Rückstand auf Kocar noch gleich, was ein gutes Zeichen für meine angeschlagene Pace war. Als ich dann auf Runde drei in den ausgewaschenen Trail einbog, war es um Rang zwei geschehen und ich wurde überholt. Ich versuche schon gar nicht dranzubleiben, sondern fokussierte mich auf das Absichern von Platz drei. Enorm erleichtert war ich, als ich den höllisch steilen Asphaltanstieg erneut gut hochklettern konnte und beim letzten Wendepunkt feststellte, dass der Vorsprung nun reichen sollte. So liess ich es nochmals ordentlich knallen im Downhill und den letzten Anstieg zurück zur Bergstation mit der nahenden Ziellinie löste nochmals zusätzliche Kräfte bei mir frei.

Überglücklich überquerte ich nach einem ultra harten Abnützungskampf nach fast 4 Stunden die Ziellinie auf Rang 3! Tobi machte mit seinem 9. Rang die tolle Schweizer Leistung perfekt bei seinem ersten Langdistanz Duathlon überhaupt! Dem knapp entgangenen zweiten Rang trauerte ich überhaupt nicht nach, auch wenn ich mit leichten Trailschuhen sicherlich besser über diesen Untergrund gekommen wäre. Dafür hat endlich die Radleistung gepasst und ich konnte meine Stärke auf topogaphisch anspruchsvollen Kursen vollends ausspielen.

Nicht nur resultatmässig hat sich der Abstecher nach Tschechien gelohnt. Der Wettkampf wird mit unglaublich viel Herzblut organisiert und die Strecken suchen seinesgleichen. Windschattenfahren ist auf dieser Radstrecke kein Thema, da sie mit den vielen Anstiegen so selektiv gestaltet ist. Nach dem Hel van Kasterlee in Belgien ist der Krusnoman ein weiterer Duathlon im Ausland, der definitiv eine Reise wert ist. Da kommen die (meisten) Powerman Events im Ausland nicht mit....