Montag, 15. August 2016

Endspurt!

Bereits ist die letzte Woche angebrochen in Kanada und das Velo ist bereits verpackt. Letzten Freitag & Samstag absolvierte ich noch die Prüfungen und habe somit auch mit der Schule vorerst abgeschlossen. Trainingsmässig ist auch nochmal einiges gegangen und folgende zwei Ausfahrten haben eine etwas ausführlichere Berichterstattung verdient:

Port Renfrew out and back:
Gut 100 Kilometer entlang der Westküste von Vancouver Island und dann den gleichen Weg wieder zurück. Total 200 Kilometer mit 2600 Höhenmetern, wobei aber nie mehr als 50 Höhenmeter am Stück waren. Einen "epic" Ride hatte ich schon immer im Hinterkopf, jedoch entschied ich mich dann sehr spontan an einem Sonntag Morgen diese Tour umzusetzen. Es rollte die ersten 2 Stunden fantastisch und die Kilometer schmolzen nur so dahin. Als ich dann nach über 100 Kilometer den Wendepunkt erreichte, wusste ich auch wieso. Ab nun hatte ich hartnäckigen Gegenwind, was vor allem mental zur Herausforderung wurde. Zudem ging mir langsam das Wasser in den Bidons aus und ab diesem Zeitpunkt war der nächste Shop noch 35 Kilometer entfernt. Kurzzeitig geriet ich ein wenig in Panik, fuhr mich dann aber wieder zurück in einen Rausch und schaffte es ohne stark zu dehydrieren nach Jordan River, wo ich nach 135 Kilometer wieder Wasser nachfüllen konnte. Ich versuchte weiterhin das Tempo hochzuhalten und konnte dann ohne einen grösseren Einbruch meinen ersten Solo 200er durchziehen mit einem Stundenmittel von 32.7 Km/h, was doch sehr zügig war bei diesem Höhenprofil. Ein tolles Training was mir aufzeigte, dass meine Form auf dem Zeitfahrrad besser als erwartet ist.
 
Hurricane Ridge (USA)
Auf dem Weg zur Schule sah ich per Zufall ein Plakat von einem Rad Event in den Staaten, was natürlich sofort meine Aufmerksamkeit weckte. Im Nachhinein hätte ich mir gewünscht, dass ich dieses Plakat nie gesehen hätte....
Sonntag Morgens um 4.45 klingelte der Wecker und eine halbe Stunde ging es per Velo nach Victoria um die erste Fähre nach Port Angelis zu erwischen. Mit etwa 40 anderen Velo Freaks ging es durch die Passkontrolle, wie man es sich gewohnt ist, wenn man in die USA einreisen möchte. Die Fähre war mit Bike Ständern ausgerüstet und so fand jedes Velo einen Platz. Die Überfahrt dauerte knapp 90 Minuten und ich hatte Zeit, dass Frühstück nachzuholen und mich auf die bevorstehende Passfahrt einzustimmen. Leider war die Vorfreude von kurzer Dauer, da es bei der Ankunft schon leicht nieselte. Naja, Motivation auf dem Tiefpunkt, aber die Überfahrt sollte nicht umsonst sein und die anderen Fahrer schienen sich auch nicht zu zieren vor den äusseren Bedingungen. So nahm ich dann den 30 Kilometer langen Anstieg mit seinen gut 1600 Höhenmetern in Angriff und hoffte auf eine Wetterbesserung. Leider trat genau das Gegenteil ein und der Regen wurde immer stärker und ich war gezwungen, meine Kleider welche ich für die Abfahrt aufgehoben habe, anzuziehen. Ich überlegte mir ein paar Mal, ob es nicht intelligenter sein würde, zu wenden und nicht bis auf die Passhöhe zu fahren. Auf den letzten 10 Kilometern bekam ich dann aber noch Gesellschaft von einem ehemaligen Pro Triathleten und zusammen heizten wir die letzten gut 35 Minuten den für mich "flachen" Pass hinauf. Total durchnässt kamen wir auf der Passhöhe nach über 2 Stunden an und von der tollen Aussicht über den Nationalpark bekam ich rein gar nichts zu Gesicht. Ich stürzte mich einige Minuten später wieder in die Abfahrt, da ich nicht auskühlen wollte. Was nun folgte war der blanke Horror! Bein- sowie Ärmlinge und Gilet waren total durchnässt und die Temperaturen waren wohl um die 5 Grad auf 1500 m.ü.M. und der Fahrtwind trug den Rest dazu bei, dass ich schon nach wenigen Kilometern kaum mehr den Lenker halten konnte. Ich versuchte mich zu pushen, da nun 30 Kilometer Abfahrt am Stück folgen würden und ich einfach so schnell wie möglich runterkommen wollte. Das ganze wurde immer kritischer und mein Puls sackte mit jedem weiteren Kilometer immer weiter ab, ich hörte nur noch das klappern meiner Zähne. In der Abfahrt überholte ich einen Radfahrer mit einem Ärmellosen Trikot und fragte mich, wie der nur herunterkommen wird... Ich habe schon diverse Sachen erlebt, aber so wie an diesem Tag war ich noch nie am Limit! Irgendwie hatte ich es dann nach einer Ewigkeit geschafft und nun ging die Suche nach einer heissen Dusche los. Obwohl der Anlass offiziell organsiert war und die Strassen total abgesperrt, gab es nirgends eine Möglichkeit sich zu Duschen oder Aufzuwärmen, bevor es mit der Fähre wieder zurückgehen würde. Glücklicherweise fand ich per Zufall ein Hallenbad, wo ich die Dusche benutzen durfte. Nach 45 Minuten heiss duschen spürte ich langsam wieder meine Füsse und ich begann meine Kleider zu trocknen, da ich keine Ersatzkleider eingepackt hatte. Dank einer Trocknungsmaschine brachte ich dann den Grossteil auch schnell wieder "trocken" (die Schuhe waren 2 Tage danach noch nass) und ich nahm die nächste Fähre zurück nach Victoria. Diesen Ride werde ich wohl so schnell nicht mehr vergessen, schlussendlich bin ich einfach nur froh, dass ich wieder heil zurückgekommen bin! Meiner Meinung nach hätte der Veranstalter das ganze abbrechen müssen, da es schlicht viel zu gefährlich war, unter diesen Bedingungen die zahlreichen Hobbyfahrer starten zu lassen.
 
Zudem konnte ich das Lauftraining wieder etwas steigern und arbeite daran, wieder eine gute Basis aufzubauen. Das ganze braucht Geduld und unter diesen Umständen macht ein Start am Powerman keinen Sinn. Ich habe das ganze unterschätzt und die Verletzung braucht einfach seine Zeit um richtig auszuheilen. Zudem fehlen mit die unzähligen Laufkilometer, um die Renndistanz unbeschadet zu überstehen. Je nach dem ziehe ich einen Start über die Short Distanz in Erwägung, werde dies aber sehr kurzfristig entscheiden. Neue Ziele für Oktober bis Dezember sind bereits im Hinterkopf. Morgen breche ich auf nach Tofino, bevor ich die Insel dann verlasse in Richtung Whistler. Am Samstag fliege ich dann zurück von Vancouver in die Schweiz.