Der Wild 50 von Adelboden nach Crans Montana sollte mein erster Wettkampf der UTMB-Rennserie werden. UTMB ist das Pendant zum Triathlon Label Ironman und ist identisch aufgebaut, was Organisation und Marketing betrifft. Was Hawaii für Triathleten ist (oder war), ist für Trailrunner Chamonix. Um sich aktuell für Chamonix zu qualifizieren, ist ein Top 3 Resultat nötig oder 830 Punkte im UTMB-Ranking (wobei keiner wirklich weiss, wie die Punkte zustande kommen). Längerfristig würde ich mich ebenfalls gerne dafür qualifizieren und so nahm ich einen ersten Anlauf über die 55 Kilometer mit über 3300 Höhenmeter. Das Starterfeld war international gut besetzt.
Bei bestem Laufwetter erfolgte der Start für die über 900 Läufer pünktlich um 08.30 Uhr in Adelboden. Das Gedränge auf den ersten Metern erinnerte eher an einen 5000 Meter Rennen auf der Bahn und ich schüttelte nur ungläubig den Kopf, da ich fast niedergeschlagen wurde. Der erste Kilometer ging steil bergab gefolgt vom Aufstieg auf das legendäre Chuenisbergli. Ich fühlte mich super und sammelte die übermotivierten Schnellstarter rasch wieder ein. Leider war der erste Aufstieg komplett asphaltiert gefolgt von einem gut laufbaren Downhill. Kilometer 10 bei Sillerebühl passierte ich auf Rang 9 und somit hatte ich einen perfekten Start. Mein Plan war es, so defensiv wie möglich in das Rennen zu starten und dann ab Lenk aufzudrehen. Den langen Downhill runter nach Lenk überstand ich ebenfalls gut und mit knapp 6 Minuten Rückstand nach 20 Rennkilometern war ich noch immer gut im Rennen dabei (Rang 9 bis 11).
Nach der offiziellen Verpflegung folgten zwei flache Kilometer auf Schotter, welche ich zusammen mit einem Portugiesen und einem Isländer in Angriff nahm. Etwas blindlings folgten wir dem Portugiesen und mussten viel zu spät feststellen, dass wir von der Strecke abkamen. Die Strecke war nicht nur dort schlecht markiert. Auch sonst waren Streckenposten an den neuralgischen Stellen Fehlanzeige, was ich nicht immer nachvollziehen konnte. Natürlich hätte ich trotzdem die Route auf der Uhr haben sollen. Jedoch hatten dies auch die beiden Mitkonkurrenten, was anscheinend auch nichts nützte. Nach kurzer Diskussion entschlossen wir uns, dass wir umdrehen. Ein weiterer Fehler, da wir auch auf unserem Weg wieder auf die offizielle Strecke zurückgekommen wären. Erst beim Zurückrennen stellte ich fest, wie viel Zeit uns dieser Umweg wohl gekostet hatte. Erstaunlicherweise nahm ich es ziemlich locker und haderte nicht mit diesem Umstand. Ich fühlte mich noch immer sehr gut und sammelte weitere Läufer ein, welche uns nach unserem ungeplanten Abstecher überholten.
Der ultra lange Austieg zur Cabane Wildstrubel (1600 Höhenmeter) war zwar atemberaubend schön, jedoch nicht minder anspruchsvoll. In diesem Abschnitt verfluchte ich mich dafür, dass ich keine Stöcke dabei hatte. Noch schlimmer als das Fehlen der Stöcke war jedoch mein Magen, welcher sich immer schlechter anfühlte. So nahm ich mir auf 2800 M.ü.M. kurz Zeit, um Cola aufzutanken. Je länger dann der Downhill war, desto mehr musste ich feststellen, dass nun gar nichts mehr ging. Immer wieder musste ich Laufpausen einlegen. Durch die Flüssigkeitsaufnahme wurde es eher schlechter als besser und ich sehnte die letzte Verpflegung an der Barrage du Tseuzier herbei. Wäre dort unser Supporter gestanden, wäre ich wohl ausgestiegen. Der Blick auf die Uhr mit dem Vergleich der Kilometertafel machte es nicht besser, da ich nun Klarheit über die Tragweite des Verlaufens hatte. Ich nahm mir bei der Verpflegung ein paar Minuten Zeit und lief dann trotzdem weiter, da ich irgendwie nach Crans Montana musste. Zum Glück wusste ich nicht Bescheid, dass man an dieser Stelle offiziell aus dem Rennen hätte aussteigen können.
Die verbleibenden 12 Kilometer waren dann ein ständiges Abwechseln von wandern und joggen, wobei ich natürlich weiter an Rängen einbüsste. Erst auf den letzten drei Kilometern fühlte ich mich endlich wieder besser, da ich aufgehört hatte zu versuchen, etwas zu mir zu nehmen. Mein Ziel verpasste ich am heutigen Tag deutlich und trotzdem war ich erleichtert, dass ich es durchgezogen habe. Rang 29 mit einer Zeit von 6h 25min. Der Rückstand mit 1h 30min war in Anbetracht dieser Umstände erstaunlich "klein", was die ganze Sache für mich noch etwas bitterer machte.
Die Umstände des Verlaufens sowie der Magenprobleme (ich weiss, an was es gelegen hat) ausgeschlossen, weiss ich nicht genau, was ich von dieser Rennserie halten soll. UTMB ist von grossen Marken gesponsert und dennoch wird kein Preisgeld ausbezahlt. Somit lohnt sich eine Teilnahme für Topathleten nur, wenn sie sich für Chamonix qualifizieren möchten, da dies der einzige Weg ist oder eigene Sponsoren eine Prämie bezahlen.